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Kommentar

Die Null

Hermann Albers, 29.06.17
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie, kommentiert die erste Ausschreibungsrunde für Windenergie auf See.

Was sich viele Fußballtrainer von ihrer Abwehr wünschen, ist nun Energieversorgungsunternehmen bei Offshore-Wind gelungen – nämlich zu Null zu spielen. Ist das nur ein Erfolg der Abwehr? Nein, ich denke, es ist auch ein erfolgreicher Angriff. Vielleicht wird daraus so etwas wie ein Sieg.

Gemeint ist der Abschluss der ersten Ausschreibungsrunde für Windkraft auf See. Diese hatte bisher eine Anfangsvergütung von rund 18 Cent je Kilowattstunde beansprucht, woraus sich eine Durchschnittsvergütung von etwa elf Cent über die Laufzeit von 20 Jahren errechnen lässt. Gleich zwei Unternehmen boten nun jedoch die Null in den Ausschreibungen – das ist das erste Mal, dass die Offshore-Branche erklärt, ohne staatliche Förderung auskommen zu wollen. Ein Paukenschlag! Nicht nur für alle Erneuerbaren-Vertreter, sondern auch für die Bundesnetzagentur und die Politik.

Vergütung basiert auf zwei Stufen

Verständlicherweise haben sich die Medien sofort verdutzt gefragt, wie die Vergütung so drastisch sinken kann. Ich nehme das als ein deutliches Zeichen dafür, dass die Öffentlichkeit gern übersieht – und das gilt für Offshore genauso wie für Onshore –, dass die durchschnittliche Vergütung eben nicht auf einer, sondern auf zwei Vergütungsstufen basiert. Genau deshalb beträgt die Vergütung häufig elf und nicht 18 Cent auf See. An Land sind es im Schnitt oft sechs Cent statt acht oder neun.

Wichtiger erscheint mir aber, dass immer wieder darüber geredet wird, die Erneuerbaren müssten sich dem freien Markt stellen. Doch am Energiemarkt begegnen sich staatlich regulierte und nicht-regulierte Bereiche. Darauf weist die Erneuerbaren-Branche seit langem hin. Würden die Mechanismen des Markts gestärkt werden, dürfte der Förderbedarf des EEG sinken. Um das in Gang zu bringen, wäre es notwendig, dass der Börsenstrompreis auf ein nachhaltiges Niveau steigt – es müsste deutlich über den 2,5 Cent der jüngeren Vergangenheit liegen, die Investitionen unwirtschaftlich machen. Beim Null-Gebot setzt man darauf, dass die Börsenerlöse künftig steigen.

Emissionshandel hat versagt

Das andere marktwirtschaftliche Instrument ist ein realistischer CO2-Preis. An dieser Stelle hat der Emissionshandel versagt. Die kommende Bundesregierung wird dafür Sorge tragen müssen, dass an dieser Stelle eine tatsächliche Lenkungswirkung entsteht. Manche Teilnehmer von Ausschreibungen passen ihre Angebote in der Hoffnung auf eine zweite Säule der Refinanzierung bereits entsprechend an. Zudem gehen viele davon aus, dass die technologische Entwicklung zu einer weiteren erheblichen Effizienzsteigerung führt. Oft wird mit Anlagen von bis zu 15 Megawatt kalkuliert. Werden sie serienreif sein, wenn die bezuschlagten Projekte ab 2021 in die Realisierung gehen sollen? Eine spannende Frage.

Noch spannender ist, ob die hier aufgemachte Rechnung aufgeht. Sollte der Angriff mit der Null sich in einigen Jahren als siegreich erweisen, gäbe es für die Bundesregierung keinen Grund mehr, die Erneuerbaren zu deckeln, dem Mittelstand Fesseln anzulegen und Erneuerbaren-Jobs zu gefährden. Denn feiert die Politik nicht schon jetzt die Ausschreibungen als Erfolg!? Also weg mit den Ausbaubeschränkungen für Erneuerbare! Die nämlich verhindern die Einhaltung der im Rahmen des Pariser Weltklimavertrags getroffenen Zusagen – und zugleich die nationalen wie europäischen Klimaschutzziele. Insofern wäre die Null ein gutes Ergebnis. Der Klimaschutz und die Bundesregierung brauchen allerdings schnelle Tore, nicht erst ab 2024! Und es gewinnt immer nur die „Mannschaft“. Das starke Mittelfeld – unser Mittelstand – muss besetzt bleiben. Sonst wird nach der Null sehr schnell Ernüchterung eintreten! Der Ball liegt jetzt sozusagen auf dem Elfmeterpunkt.

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