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Schiffsverkehr

Zaghafter Durchbruch

Joachim Wille, 16.04.18
Seit 1997 soll die internationale Schifffahrt ein Klimaziel bekommen, jetzt ist es soweit. Der Plan könnte das enorme Wachstum der CO2-Emissionen auf See bremsen – für das Zwei-Grad-Ziel reicht er allerdings noch nicht.

Es ist quasi ein Art „Paris-Vertrag“ für die internationale Seeschifffahrt: Die Branche hat beschlossen, ihren Treibhausgas-Ausstoß bis 2050 im Vergleich zum Basisjahr 2008 mindestens zu halbieren und dann weiter abzusenken. Der Beschluss fiel nach kontroversen Verhandlungen bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) in London. Der absolute Höhepunkt der Emissionen – der „Peak“ – solle zudem „möglichst bald“ erreicht werden, heißt es in dem Beschluss, den mehr als 100 IMO-Mitgliedsstaaten fassten. Das wird zwar als Durchbruch gefeiert, reicht aber nicht, um den Sektor auf den Zwei-Grad-Pfad zu bringen, der Ziel der Klimapolitik ist.

Die Branche mit ihren rund 40 000 Hochseeschiffen ist aktuell für rund 800 Millionen Tonnen CO2 und damit 2,6 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich, was in etwa dem Anteil Deutschlands entspricht. Nach einer Studie der IMO, die eine Unterorganisation der Vereinten Nationen ist, würde diese Treibhausgas-Fracht bis Mitte des Jahrhunderts allerdings um mindestens 50 Prozent und im Extremfall sogar 250 Prozent ansteigen, wenn nicht gegengesteuert wird.

Das macht klar: Es war überfällig, hier etwas zu tun – zumal die IMO im Rahmen des Kyoto-Protokolls bereits 1997, also vor über zwei Jahrzehnten, aufgefordert wurde, ihren Beitrag zum Klimaschutz festzulegen. Politisch ist der Londoner Beschluss also ein Fortschritt, zumal während der einwöchigen Verhandlungen ein Scheitern nicht ausgeschlossen war. Wieviel er tatsächlich wert ist, bleibt abzuwarten – die Ziele sind nämlich nicht bindend.

Ökosprit und Hilfssegel

Ein parallel verabschiedeter Kriterienkatalog soll es allerdings einfacher machen, Fortschritte bei der CO2-Einsparung zu bewerten. Dazu gehören ein Effizienzindex für neue Schiffe und Vorgaben zur Senkung der CO2-Emissionen je Transporteinheit. Bis 2030 sollen letztere um 40 Prozent sinken, bis 2050 werden 50 bis 70 Prozent angepeilt. Ein weiter starkes Wachstum der Seeschifffahrt im Zuge der Globalisierung würde diese Gewinne jedoch zum Teil wieder auffressen.

Um auf einen Paris-kompatiblen Pfad zu kommen, müsste der CO2-Ausstoß der Seeschifffahrt bis 2050 bereits um 70 bis 100 Prozent sinken. Möglich wäre das durchaus. Der Industrieländerclub OECD hält es sogar für machbar, die CO2-Emissionen in dem Sektor bis 2035 fast auf null zu bringen – vor allem durch einen Ersatz des schmutzigen Schiffsdiesels durch Agrosprit und synthetische Kraftstoffe, die mit Wind-, Wasser- oder Solarenergie erzeugt werden. Laut der entsprechenden OECD-Studie müsste zudem der Verbrauch der Schiffe deutlich gesenkt werden. Das geht einerseits durch Veränderungen am Schiffsrumpf, langsameres Fahren, die Nutzung größerer Schiffe, aber auch durch Windkraft als Hilfsantrieb – mit Segeln oder Lenkdrachen.

Solche schärferen Ziele hatten in London die Inselstaaten aus dem Pazifik und der Karibik sowie die EU gefordert. Sie konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Schwellenländer wie Brasilien und Argentinien sowie Saudi-Arabien lehnten absolute CO2-Minderungsziele generell ab. Sie wollten nur relative Vorgaben pro zurückgelegter Seemeile und pro transportierter Tonne beschließen. Saudi-Arabien stimmte am Ende sogar gegen den Kompromisstext, ebenso die USA.

 

Kommentare (1)

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  • 19.04.18 - 11:05, Heinz Otto

    Mein großes DANKE an Euch in der NE.
    Nun ist vom BWE endlch eine deutliche Botschaft zur "SCHIFF+KLIMA" - Frage ausgegangen.
    Diese Frage wird auch eine von NEW4.0, weil deren Windwasserstoff in der Maritimen Branche als PTG schon im Gespräch ist, nur dass die noch nicht wissen, wer PTG tatsächlich in den gewünschten Mengen liefern kann.
    Siehe: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/maritime-agenda-2025.html - welche im Übrigen massiv ergänzt gehört-eben wg. MEPC72.
    Nochmal:
    Habt Dank, scheinbar war mein Input doch anschiebend genug.
    FREU MICH
    Gruß, Heinz @windotto

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