Interview

„Das Gigawattprojekt ist ein Lichtblick“

Dirk Neubauer, Landrat von Mittelsachsen, will ein Gigawatt Solarleistung in seinem Kreis errichten. Jetzt hat er seinen Rücktritt angekündigt. Was heißt das für den Ausbau der Solarenergie?
Interview: Ina Matthes
31.07.2024 | 4 Min.
Dirk Neubauer, Landrat von Mittelsachsen
Dirk Neubauer, Landrat von Mittelsachsen
Foto: Silke Reents

neue energie: Herr Neubauer, Sie haben das Gigawatt-Solarprojekt in Mittelsachsen angestoßen und die Gründung des Unternehmens Landwerke Mittelsachsen, das es umsetzen soll. Wie geht es damit nach der Ankündigung ihres Rücktritts weiter?

Dirk Neubauer: Das läuft alles weiter. Die Landwerke sind ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Das hat wenig mit meiner Person zu tun.

ne: Aber Sie sind der politische Treiber für diese Idee in der Öffentlichkeit, Sie haben sie vorangebracht.

Neubauer: Aber ich bin ja nicht weg. Wir sehen jetzt nach den ersten Gesprächen, dass die Kommunen ein Interesse daran haben, dass sich das Projekt entwickelt. Wenn die Menschen in einer Kommune das möchten, dann weiß ich nicht, wer sich dem in den Weg stehen sollte.

ne: Welche Rolle spielen Sie dabei?

Neubauer: Ich werde das weiter begleiten.

ne: Sie sind in Medienberichten damit zitiert worden, dass das Gigawattprojekt nicht vorankommen würde…

Neubauer: Das habe ich nie gesagt. Ich habe gesagt, dass ich im politischen Raum wenig Unterstützung für Themen der Energiewende spüre und sogar Verhinderung. Das ist etwas anderes.

ne: Wie ist denn jetzt der Stand dieses Projekts?

Neubauer: Wir haben viele Flächenangebote, mehr als 300 Hektar, wir haben Partnerschaftsangebote von Projektentwicklern. Wir haben das Geld. Momentan ist alles gut. Jetzt müssen kommunale Projekte so weit entwickelt werden, dass Bürger darüber abstimmen können. Daran arbeiten wir konkret in Neukirchen.

ne: Neukirchen ist das erste Dorf, in dem das Gigawattprojekt umgesetzt werden soll. Wie zufrieden sind Sie denn mit der Resonanz dort? Es wurden 500 Haushalte zu einer ersten Vorstellung eingeladen, 50 Leute sind gekommen.

Neubauer: Das ist nicht unnormal. Wenn man einlädt unter der Überschrift ‚Wir kämpfen gegen den Windpark‘ dann kriegt man die Bude voll. Ich habe mich über die Resonanz gefreut. Es kommen zu den Veranstaltungen meist Leute, die erstmal etwas wissen wollen und oft skeptisch sind. Wir haben sehr viele gute Gespräche geführt. Ich spüre jetzt, dass der Wind sich etwas dreht, dass es ein aufrichtiges, offenes Interesse gibt. Das ist doch schon mal was.

ne: Was Sie jetzt über das Gigawattprojekt sagen, klingt optimistisch. In der Öffentlichkeit haben Sie sich zuletzt frustriert über den Fortgang der Energiewende in Mittelsachsen geäußert…

Neubauer: Das Gigawattprojekt, das ist ein Lichtblick. Da freue ich mich auch, dass so eine Idee funktioniert. Aber als Vorsitzender des Regionalen Planungsverbands Chemnitz bin ich zuständig für drei Landkreise und die Stadt Chemnitz. Da weht der Wind ganz anders. Ich will deutlich machen, dass es so nicht weitergeht. Wir werden unsere Probleme nicht lösen, wenn wir nur sagen, ‚ich bin dagegen‘. Und wenn wir gegeneinander arbeiten, soundso nicht.

ne: Sie gelten als Vorreiter der Energiewende in Sachsen. Was brauchen Landräte wie Sie oder Bürgermeister aus Ihrer Sicht von der Landes- und Bundespolitik, damit sie eine Chance haben, die Energiewende voranzutreiben?

Neubauer: Es bräuchte eine Landespolitik, die sich das zum Ziel setzt und nicht eine, die darüber redet, dass die Energiewende angeblich gescheitert ist. Damit geht es schonmal los, dass jemand, der an der Spitze des Landes steht, Energiewende nicht verteufelt, sondern sagt, wir müssen es machen. Und dann könnte man auch gemeinsam eine Idee entwickeln, wie man´s macht.

ne: Und was den Bund betrifft…

Neubauer: Wenn der Bund ein Windrad zu einem Investitionsvorhaben von nationalem Vorrang erhebt, dann muss er die Kraft haben, alle damit verbundenen Gesetze dementsprechend zu gestalten. Und nicht die Genehmigungsbehörden in eine Odyssee von Natur- bis Grundwasserschutz und was sonst noch zu schicken. Wenn wir solche Genehmigungsverfahren rechtmäßig und schnell bearbeiten sollen, brauchen wir klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Wenn sich dann jemand hinstellt und sagt, falls ihr das in einer bestimmten Zeit nicht schafft, dann gilt die Genehmigung als erteilt, dann ist das ein Signal an die Verwaltung: Ihr seid einfach nur zu langsam. Das geht nicht.

ne: Vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck hat versprochen, dass er Verfahren verschlanken will. Von Vereinfachung ist in Ihrer Verwaltung nichts zu spüren?

Neubauer: Ich glaube das, wenn es passiert ist. In elf Jahren Kommunalpolitik habe ich so viele Ankündigungen erlebt, die nicht eingetreten sind, dass ich sage: Macht erstmal bitte.

ne: Am 14. August soll der Kreistag entscheiden über einen Termin für die Neuwahl des Landrats. Sie werden möglicherweise noch bis zum Frühjahr im Amt sein. Was wollen Sie in dieser Zeit noch zu Ende bringen?

Neubauer: Ich arbeite ganz normal so lange weiter, bis es jemanden gibt, der den Staffelstab übernimmt. Wir haben viele Themen, von Digitalisierung bis Energiewende.

ne: Wie wird es für Sie persönlich nach Ihrer Zeit als Landrat weitergehen?

Neubauer: Das weiß ich noch nicht. Ich habe keine konkreten Pläne, außer, dass ich mir eine kurze Auszeit gönnen möchte.

Einen ausführlichen Bericht zum Gigawattprojekt in Mittelsachsen finden Sie hier.

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