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Ölförderung

Alte Ölplattformen werden zum Problem

Clemens Weiß – energiezukunft.eu, 27.01.16
Viele Öl- und Gasfelder in der Nordsee sind leergefördert. Der Rückbau der gigantischen Förderplattformen aus Stahl und Beton mitten im Meer ist eine ungeklärte Mammutaufgabe.

Das Öl- und Gasfeld Brent liegt circa 180 Kilometer nordöstlich der schottischen Shetland-Inseln im britischen Teil der Nordsee. Brent gab dem Öl aus der Nordsee seinen Handelsnamen und war das zweitproduktivste Ölfeld Großbritanniens. Nun müssen sich die beiden Konzerne Shell und ExxonMobil, denen jeweils 50 Prozent von Brent gehören, mit der Entsorgung der ausgedienten Förderanlagen beschäftigen.

Drei der vier riesigen, circa 300 Meter hohen Förderplattformen sind bereits außer Betrieb, nur eine Anlage fördert noch Gas. Zehn Jahre wird die Entsorgung dauern, schätzt Shell. Zudem benötige man mondernstes technisches Know-how. Die gute Nachricht dabei ist: Die Anlagen müssen tatsächlich entsorgt werden. Die Versenkung ausgedienter Ölplattformen, wie sie bis 1995 praktiziert wurde, ist verboten. Damals hinderten massive Proteste von Greenpeace Shell daran, den Öltank Brent Spar einfach im Meer zu versenken. Seitdem hat sich einiges getan. Die europäischen Staaten einigten sich auf neue Regelungen, ab circa 1999 wurden auch die Anlagen entsprechend für einen Rückbau ausgelegt.  

Beratungsgremium mit mehreren hundert Teilnehmern

Mittlerweile haben sich Shell und Greenpeace angenähert. Wenn eine Bergung von Anlagen oder Pipelines keinen Sinn macht oder mehr Schaden als Nutzen anrichtet, ist auch die Umweltschutzorganisation mit einem Verbleib im Meer einverstanden. Einfach ist die Entsorgung nicht: Die Förderplattformen müssen mit riesigen Spezialschiffen an Land gebracht und dort verschrottet werden. Zudem sind gerade die Brent-Anlagen Sonderfälle, denn in den 1970er Jahren machte sich über einen Rückbau noch niemand Gedanken.

Drei der vier Brent-Plattformen sind mit Stahlbetonpfeilern und in 140 Metern Wassertiefe noch einmal mit 64 Betonzellen tief im Meeresboden eingelassen. Die Zellen sind 60 Meter hoch und einen Meter dick. Sie wurden als Tanks verwendet, in denen sich mittlerweile ölig-sandige Schlämme abgelagert und verfestigt haben. Viele Hunderttausende Tonnen dürften diese Betonteile wiegen. Hinzu kommen 100 Kilometer Pipelines und Aushub aus 140 Bohrlöchern und 400 Bohrungen.

An der Entsorgung der Brent-Anlagen arbeiten Shell-Ingenieure bereits seit vielen Jahren. Ebenfalls seit Jahren besteht ein mehr als hundertköpfiges Gremium mit Vertretern aus britischen Behörden, Industrie, Wissenschaft und Organisationen wie Greenpeace, das den bestmöglichen Weg für die Entsorgung sucht. In die Entscheidungen, was am Meeresboden bleibt und was geborgen wird, fließen fünf Kriterien ein: die Sicherheit der Menschen, Auswirkungen auf die Umwelt, technische Umsetzbarkeit, soziale Folgen und Wirtschaftlichkeit. Am Ende muss das britische Ministerium für Energie und Klimawandel die Entscheidungen fällen. Einige Teile der alten Öl- und Gasförderanlagen werden dabei wohl für immer in der Nordsee bleiben.

Clemens Weiß – energiezukunft.eu

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