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Interview der Woche

„In die Energiewende investieren ist sinnvoll…“

Interview: Jörg-Rainer Zimmermann, 14.02.14
sagt Carmen Junker vom Investmentunternehmen Grünes Geld. Im Interview der Woche erklärt sie, was Anleger beachten sollten. Eine Pleitewelle im Erneuerbaren-Bereich befürchtet die Finanzexpertin trotz der jüngsten Insolvenzen nicht.

neue energie: Vor kurzem haben wir an dieser Stelle über die Schieflage bei Prokon berichtet, kurz darauf kam die Meldung zur Windwärts-Pleite. Erleben wir derzeit eine Welle von Insolvenzen im Erneuerbaren-Bereich und ist daran das EEG schuld, wie manchmal behauptet wird?

Carmen Junker: Das EEG hat mit den aktuellen Insolvenzen wohl kaum etwas zu tun, es handelt sich bei solchen Behauptungen in den Medien eher um Populismus. Das EEG als Förderinstrument bietet eine solide Kalkulationsbasis für Erneuerbaren-Projekte. Wenn es im Erneuerbaren-Bereich zuvor zu Insolvenzen gekommen war, dann hatte das beispielsweise im Solar-Sektor etwas mit der zunehmenden Konkurrenz aus Schwellenländern wie China zu tun. Und es hängt bei Unternehmenspleiten natürlich immer an der jeweiligen Geschäftsführung, daran, wie die Firma generell aufgestellt ist. Wenn das Unternehmen gesund ist, hält es Markteinbrüche auch eine Weile gut aus.

Ich bin überzeugt, dass ich in meinem weiteren Berufsleben immer wieder Insolvenzen von Unternehmen erleben werde. Aber ich denke nicht, dass angesichts der beiden Fälle von einer Welle gesprochen werden kann, vor allem nicht hinsichtlich der Dimension. Es wurden ja 1,4 Milliarden Euro bei Kleinanlegern eingesammelt. Sehr problematisch finde ich allerdings, dass aufgrund der aktuellen Ereignisse gute, seriöse Erneuerbaren-Projekte Schwierigkeiten haben, Geldgeber zu finden.

neue energie: In den vorliegenden Fällen wurden Genussrechte ausgegeben. Handelt es sich aus Ihrer Sicht dabei um eine besonders risikoreiche Anlageform?

Carmen Junker: Genussrechte sind ein recht altes Instrument der Unternehmensfinanzierung. Zinszahlungen finden nur statt, wenn ein Gewinn erwirtschaftet wird, wobei Anlegern in Einzelfällen etwas anderes suggeriert wird. Firmen bietet sich hier also eine gute Möglichkeit der Fremdkapitalbeschaffung. Wir empfehlen unseren Kunden in aller Regel aber von Genussrechten abzusehen. Im Falle einer Insolvenz werden die Anleger nachrangig bedient, weil die Anteile mehr oder weniger als Eigenkapital der Unternehmen behandelt werden. Zudem haben Anleger kein Mitspracherecht im Rahmen der Geschäftsführung.

Bei geschlossenen Fonds ist das etwas anders, dort können die Anleger im Rahmen der Gesellschafterversammlungen Entscheidungen in gewissem Maß beeinflussen. Das Problem ist also, dass man das Geschäftsmodell der Unternehmen als Anleger meist nicht beurteilen kann. Es gibt durchaus Firmen, die viel höhere Gewinne als acht Prozent machen und entsprechende Renditen auch bedienen können. Allerdings ist es höchst riskant, in seinem Portfolio nur ein Papier zu haben. Es ist erschreckend zu hören, dass Rentner ihr komplettes Geld in ein einziges Unternehmen investieren. Wenn das Pleite geht, sind natürlich die Ersparnisse auch vollständig verloren.

neue energie: Was jedoch nicht speziell etwas mit ‚grünen‘ Kapitalanlagen zu tun hat.

Carmen Junker: Mit ‚grün‘ hat das Risiko nichts zu tun. Wichtiger ist an dieser Stelle, um welche Anlageform es sich handelt. Oftmals wird hier von einem Anlageprodukt des ‚grauen‘ Kapitalmarkts gesprochen. Die Anlageprospekte müssen dann zwar von der deutschen Finanzaufsicht Bafin genehmigt werden, es wird aber nicht das jeweilige Geschäftsmodell geprüft.

neue energie: Die von Prokon versprochenen Zinsen von acht Prozent wurden in den Medien als unrealistisch hoch bezeichnet. Sie selbst vermitteln Aktienfondsanteile, die über zehn Prozent Verzinsung bringen. Woran erkennt man also ein unrealistisch hohes Renditeversprechen?

Carmen Junker: Man muss die Anlageklasse betrachten. Nehmen wir etwa den Deutschen Aktienindex DAX und die dort in der Vergangenheit erzielten Renditen, dann sieht man, dass zehn Prozent mit Aktien von ganz seriösen Unternehmen leicht zu erreichen sind, die Kurse allerdings starken Schwankungen unterliegen. Man hat also auch mal ein Jahr dabei, in dem es zu hohen Kursverlusten kommt. Das kann in der Regel aber mit einer guten Risikostrategie kompensiert werden. Zudem kann man in diesen Zeiten auch immer wieder gut einsteigen, also günstig einkaufen. Es macht aber wie gesagt wenig Sinn, von der Höhe der Rendite auf die Seriosität schließen zu wollen. Man könnte auch angesichts der guten Gewinnlage der Kreditinstitute bei Zinsen von 0,2 Prozent von unseriösem Geschäftsgebaren sprechen.

neue energie: Birgt vielleicht der berechtigte Wunsch, mittels einer breiten bürgerschaftlichen Beteiligung an Erneuerbaren-Projekten zu einer Resozialisierung der Gewinne zu kommen, eine gewisse Gefahr in sich, indem auch Laien komplexe Finanzentscheidungen treffen?

Carmen Junker: Dass Kleinanleger in die Energiewende investieren und wiederum auch von den Gewinnen profitieren können, ist absolut wünschenswert und sinnvoll. Aber tatsächlich dürften die wenigsten privaten Anleger die Fähigkeit besitzen, ein Erneuerbaren-Projekt selbst zu prüfen. Sich an dieser Stelle professionell beraten zu lassen und Anlageprodukte zu wählen, die zuvor fachmännisch beurteilt wurden, ist sicher von Vorteil. In unserer heutigen Gesellschaft hat Geld zudem einen hohen Stellenwert, vor allem aber eine enorme Steuerungsfunktion.

Jeder Anleger steht daher in der Verantwortung sich Gedanken um die Verwendung seiner angelegten Gelder zu machen. Ich bin der Meinung, dass Geld im Sinne des Allgemeinwohls sozial- und umweltverträglich eingesetzt werden muss. Erfreulicherweise denken immer mehr Anleger über diese Verantwortung nach und handeln danach. Es bedarf aber ganz grundsätzlich mehr finanzieller Bildung in unserer Gesellschaft. Wie gesagt, es muss allen klar sein, dass man sein ganzes Geld nicht nur in eine ganz bestimmte Kapitalanlage investiert, sondern ein Papier nur mit beispielsweise zehn Prozent gewichtet. Dann kann man einen Ausfall verkraften und gerät auch nicht in existenzielle Not.

Kommentare (1)

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  • 26.03.14 - 12:04, Räbiger

    Sind Fonds wirklich sicher?
    Schade, dass nicht auf die notwendige Ausgestaltung der Fonds eingegangen wurde, bei welchen eine wirkliche Mitsprache in der Gesellschafterversammlung gegeben ist.

    Es bedarf überhaupt einer finanzieller Bildung in unserer Gesellschaft. Angefangen an dem monatlichen Sparen in der Grundschule und der Übung eines Haushaltsbuches und der Bildung einer Rücklage eines "Notgroschens".

    So wird auch die Gemeinsamkeit, der Zusammenhalt und die Sinnhaftigkeit in einer Genossenschaft gefördert.

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