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Verkehrsemissionen

EU billigt großzügige Abgastests

Clemens Weiß - energiezukunft.eu, 05.02.16
Das EU-Parlament hat neue Regelungen für die Messung von Auto-Abgaswerten beschlossen. Die Emissionen werden nun auch auf der Straße gemessen, dürfen aber bis zu 50 Prozent über dem eigentlichen Grenzwert liegen. Umweltschützer protestieren.

Im Zuge des VW-Abgasskandals wird immer deutlicher, dass die Modelle zahlreicher Hersteller die Grenzwerte bei normalem Betrieb teils deutlich übertreten. Jetzt hat das europäische Parlament entschieden, dass sie das fürs Erste auch dürfen: Die Grenzwerte für Autoabgase gelten dem neuen Beschluss zufolge zunächst nur für Labormessungen. Zwar sieht der beschlossene Entwurf ab September 2017 erstmals auch Tests unter realen Bedingungen auf der Straße vor, so genannte Real-Driving-Emissions-Tests. Doch bis 2020 dürfen die gemessenen Werte mehr als doppelt so hoch sein, wie der eigentlich geltende Grenzwert.

Dem Vorschlag von EU-Kommission und Mitgliedstaaten stimmten 323 EU-Parlamentarier vor allem aus dem konservativen und liberalen Lager zu, 317 lehnten ihn ab. Gegner des Entwurfs kritisierten, dass durch die neuen Regelungen die geltenden Grenzwerte stark verwässert würden. Der Vorschlag sei immerhin eine Verbesserung gegenüber den jetzigen Prüfverfahren, die gar keine Messung auf der Straße zulassen, befand hingegen der Koordinator der konservativen EVP-Fraktion im Umweltausschuss, Peter Liese (CDU).

Mercedes-Auto überschreitet Grenzwert um das Zehnfache

Dass Messungen auf der Straße dringend notwendig sind, zeigte jüngst auch eine Messung des Prüfinstituts TNO. Im Auftrag des niederländischen Umweltministeriums stellten die Tester fest, dass Mercedes-Wagen vom Typ C-Klasse 220 CDi BlueTec im Stadtverkehr den Stickoxid-Grenzwert um das Zehnfache überschreiten. Mit 2250 Milligramm Stickoxid pro Kilometer (mg/km) wurde in der Spitze sogar eine 28-fache Überschreitung des Grenzwerts von 80 mg/km gemessen.

Heftige Kritik an dem Beschluss des EU-Parlaments und dem Umgang sowohl der Bundesregierung als auch der EU-Kommission mit dem Abgasskandal kommt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH): „Das neue Verfahren wurde durch massiven Druck der deutschen Autobauer und der Bundeskanzlerin durchgesetzt“, heißt es in einer Stellungnahme. „Die Folge werden Fahrverbote auch für neue Diesel-Pkw in allen größeren Städten Europas sein, in denen derzeit jährlich zehntausende Menschen an den Dieselabgasen vorzeitig sterben“, so DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

Neben Umweltexperten hatten im Vorfeld der Abstimmung viele Bürgermeister europäischer Großstädte die EU-Abgeordneten dazu aufgerufen, den Entwurf abzulehnen. Sie fordern stärkere Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung. Viele Städte haben bereits temporäre Fahrverbote verhängt, Stuttgart löste Anfang des Jahres einen – allerdings nicht mit Konsequenzen verbundenen – Feinstaub-Alarm aus. Die Europäische Umweltagentur EEA schätzt, dass in der EU jährlich 72.000 vorzeitige Todesfälle auf Stickoxid und 403.000 auf Feinstaub zurückzuführen sind.

Clemens Weiß – energiezukunft.eu

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