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Großbritannien

Bohren im Nationalpark?

Tim Altegör, 29.07.14
Die britische Regierung setzt weiterhin konsequent auf die umstrittene Fracking-Technik. Jetzt hat sie neue Gebiete ausgeschrieben – und macht auch vor Nationalparks nicht unbedingt Halt.

Als sich die beiden SPD-Minister Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks Anfang Juli auf ein weitgehendes Fracking-Verbot in Deutschland einigten, ging der Kompromiss vielen Umweltschützern nicht weit genug. Sie monierten, dass wissenschaftliche Probebohrungen möglich sein sollen, solange sie nicht das Grundwasser gefährden, zudem bleiben Bohrungen in Tiefen von mehr als 3.000 Metern erlaubt. Und 2021 soll das Ganze erneut geprüft werden. Kurzum: Es brauche ein grundsätzliches Verbot ohne Ausnahmen.

Von deutschen Verhältnissen können ihre Kollegen in Großbritannien allerdings nur träumen: Dort verfolgt die Regierung aus Konservativen und Liberalen Fracking mit aller Macht. Premierminister David Cameron erhofft sich vom hydraulischen Aufbrechen von Gesteinsschichten mittels einer Mischung von Wasser und Chemikalien, heimische Gasvorkommen zu fördern und unabhängiger von Energieimporten zu werden. Fracking sei „eine gute Technologie, die gut für unser Land sein wird.“

Nun hat Wirtschafts- und Energieminister Matthew Hancock am 28. Juli offiziell die 14. „Landward Licensing Round“ eingeleitet, bei der Lizenzen für Bohrerkundungen vergeben werden. Bis zum 28. Oktober können sich Interessenten für Gebiete in weiten Teilen des Landes bewerben. Das durch Fracking geförderte Schiefergas habe „das Potenzial, uns mit größerer Energiesicherheit, Arbeitsplätzen und Wachstum zu versorgen“, sagte Hancock.

Schwammige Kriterien

Die Vergaberunde für Bohrlizenzen war bereits 2010 gestartet, jedoch im Frühling 2011 durch zwei Erdbeben in Lancashire im Nordwesten Englands unterbrochen worden, die durch Fracking-Maßnahmen hervorgerufen wurden. Der nach zusätzlichen Umweltprüfungen mit Verzögerung fertiggestellte Plan sieht aber nicht von der Technik ab. Sogar Projekte in Nationalparks sollen möglich sein. Das gilt zwar nur in „außergewöhnlichen Umständen und wenn demonstriert werden kann, dass sie im öffentlichen Interesse liegen“. Im Detail wird aber deutlich: Die Behörden sollen dabei zwar mögliche Umweltfolgen, aber auch nationale (Energie-)Interessen sowie Folgen für die lokale Wirtschaft in Betracht ziehen.

Ein konsequentes Nein sieht anders aus und so ist es wenig verwunderlich, dass britische Umweltschützer auf die Barrikaden gehen. Eine britische Greenpeace-Aktivistin bezeichnete die Regierungspolitik als „rücksichtsloses Wettrennen um Schiefergas“. Und die Grünen-Abgeordnete Caroline Lucas, die im vergangenen Jahr bei Anti-Fracking-Protesten verhaftet wurde, sagte, der Nationalpark-Status werde nicht ohne Grund vergeben. Dass dort Bohrfirmen zum Zug kommen könnten, sei ein „Skandal“.

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