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Grünstrom-Vermarktung

Ökostromanbieter machen Druck auf Gabriel

Jürgen Heup, 20.03.15
Energieversorger und Erneuerbaren-Verbände drängen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, eine alternative Direktvermarktung von Ökostrom zu ermöglichen. Auch ein Dreivierteljahr nach der jüngsten EEG-Reform sei eine entsprechende Verordnung noch nicht umgesetzt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz warben fünf Anbieter für ihr Grünstrom-Markt-Modell.

Im Energiewende-Vorreiterland Deutschland ist es für Verbraucher derzeit nur schwer möglich, ihren Strom direkt von einer der zahlreichen Windmühlen, Solar- oder Bioenergieanlagen zu beziehen. Mit der 2014er-Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wurde die Direktvermarktung über das sogenannte Grünstromprivileg abgeschafft. Dieses Modell garantierte bis dahin, dass Strom aus EEG-Anlagen als Ökostrom verkauft werden konnte. Übrig blieb der Direktvertrieb über die so genannte Marktprämie. Dabei wird jedoch durch den Handel an der Börse Strom aus Windkraft- und Solaranlagen mit solchem aus fossilen Kraftwerken vermischt und damit zu „Graustrom“ – für Ökostromkunden und Grünstromanbieter ein unbefriedigender Zustand.

Ein Bündnis aus Unternehmen und Verbänden will dies ändern. Mit einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag (20. März) unterstrichen die Stromanbieter Greenpeace Energy, Clean Energy Sourcing, EWS Schönau, MVV Energie und Naturstrom ihre Forderung, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel solle endlich ein alternatives Vermarktungsmodell für Grünstrom einführen, das mehr Transparenz bringe und damit auch ökologischen Ansprüchen genüge. „Auch ein Dreivierteljahr nach der EEG-Novelle ist eine Verordnung zur Grünstromvermarktung immer noch nicht umgesetzt worden, die Gabriel als Platzhalter im EEG hat einbauen lassen“, erklärt Christoph Rasch, Pressesprecher von Greenpeace Energy, den Zeitpunkt der Pressekonferenz. „Wir als Grünstromanbieter sehen nun dringend Handlungsbedarf.“

Direkter Vertrieb soll Akzeptanz-Schub bringen

Die so genannte „sonstige Direktvermarktung“ ist seit der Neuregelung des EEG 2014 derzeit die einzige Möglichkeit, Strom aus deutschen Erneuerbare-Energien-Anlagen als Grünstrom zu vermarkten. Sie wird angewendet, wenn Erneuerbaren-Anlagen Strom an Industrie-, Gewerbe- und Haushaltskunden in direkter Nachbarschaft liefern. Für die Energieversorger sind damit die Möglichkeiten begrenzt, Kunden im gesamten Bundesgebiet mit Ökostrom aus hiesigen Erneuerbaren-Anlagen zu beliefern. Daher engagiert sich ein Bündnis aus 30 Unternehmen aus der Branche für die Einführung eines neuen Vermarktungswegs, des so genannten „Grünstrom-Markt-Modells“ (GMM). Es sieht direkte Lieferbeziehungen zwischen Ökostrom-Anlagen, Versorgern und Kunden vor, ohne Umweg über die Strombörse. So könne der Verbraucher klar erkennen, dass er mit echtem Grünstrom aus konkreten Anlagen beliefert werde, erklärt Rasch.

Für die Energiewende in Deutschland sei es unabdingbar, die Akzeptanz in der Bevölkerung durch transparente Vermarktungswege zu steigern, denn das Vertrauen in der Bevölkerung komme nicht von selbst. Rasch verweist auf eine Umfrage seines Unternehmens: Demnach gaben 32 Prozent der Befragten an, sich stark bis sehr stark mit den Zielen der Energiewende identifizieren zu können, 22 Prozent  allerdings auch wenig bis gar nicht. Laut Umfrage würde bei 80 Prozent der Verbraucher das Vertrauen in die Energiewende wachsen, wenn – etwa durch eine alternative Grünstromvermarktung – kleine Anbieter gestärkt und dezentrale Netze ermöglicht werden.

Versorger fordern schnelle Entscheidung

Das GMM bringe als weiteren Vorteil auch einen energiewirtschaftlichen Nutzen mit sich, wenn Versorger mit den Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie konfrontiert werden, so die Energieversorger. Das Modell setze finanzielle Anreize, Stromnachfrage und Stromproduktion besser aufeinander abzustimmen. Bei 75 Prozent der Verbraucher würde dies die Identifikation mit der Energiewende verbessern. „Zudem fragen immer mehr Kunden nach attraktiven und wirtschaftlichen Ökostromprodukten mit einem konkreten und transparenten Herkunftsnachweis, die sich dadurch bei der ökologischen Qualität positiv abheben“, sagt Holger Krawinkel, Leiter Customer Experience und Innovation bei MVV Energie, „das gilt auch für die Versorgung von großen Kundengruppen.“

Ob Stromkunden in Deutschland künftig tatsächlich über das Grünstrom-Markt-Modell mit Ökostrom versorgt werden können, darüber würden die kommenden Wochen entscheiden. „Die Zeit drängt, denn 2017 soll das EEG erneut reformiert werden“, sagt Krawinkel. Damit ein alternatives Marktmodell überhaupt noch seine Wirkung entfalten könne, müsse Minister Gabriel jetzt endlich Farbe bekennen – und die entsprechende, im EEG 2014 vorgesehene Verordnung in den nächsten Wochen unterschreiben, lautet der Appell des Branchenbündnisses.

Einen ausführlichen Artikel zum Grünstrom-Markt-Modell finden Sie in der Ausgabe 12/2014 von neue energie.

 

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