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EEG-Reform

Mehr Netto vom Brutto

Tim Altegör, 08.04.14
Wochenlang kursierten Entwürfe, verhandelten Spitzenpolitikern hinter verschlossenen Türen. Jetzt hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem sie die Förderung von Ökostrom „grundlegend“ neu regeln will. Während beim Windkraft-Ausbau der geplante Deckel abgeschwächt wurde, sehen Kritiker nach wie vor Bürgerprojekte in Gefahr.

Ein halbes Jahr nach Amtsantritt legt sich die Regierung fest, wie sie das zentrale Gesetz zur Förderung von erneuerbarem Strom in Deutschland reformieren will. "Wir haben in sehr kurzer Zeit die Voraussetzung für einen Neustart der Energiewende geschaffen", sagte der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Größtenteils entspricht der vom Kabinett beschlossene Reformentwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Vorlage aus seinem Ministerium von Anfang März. Ein wichtiges Detail konnten die Ministerpräsidenten der Länder aber am 1. April im Kanzleramt noch aushandeln.

Nach wie vor soll zwar der Bau neuer Windkraftanlagen auf 2.500 Megawatt im Jahr begrenzt werden. Werden es mehr, sinkt die Vergütung. Jedoch gilt das jetzt für den Netto-Wert: Der Austausch alter Windräder durch leistungsfähigere Anlagen, das so genannte Repowering, fällt nicht mehr unter diesen „atmenden Deckel“. Damit wurde eine wesentliche Forderung der Windkraftbranche umgesetzt. Die Anlagen müssten nun technisch weiterentwickelt werden, um künftig noch mehr Ertrag zu bringen, sagte Hans-Dieter Kettwig, Geschäftsführer des Anlagenbauers Enercon, auf der Hannover Messe.

Bürger demnächst außen vor?

Keinen Erfolg hatten dagegen Ländervertreter, die einen späteren Stichtag fordern: Für alle Anlagen, die nach dem 22. Januar 2014 genehmigt wurden, soll bereits das neue EEG gelten. Die Biomasse bleibt zudem auf niedrige 100 Megawatt jährlich beschränkt, bevor die Erlöse sinken. Auch die Pflicht zur Direktvermarktung des Stroms aus neuen Anlagen an der Börse soll wie geplant bereits im August starten, wenn das Gesetz in Kraft treten soll.

Spätestens ab 2017 will die Bundesregierung möglichst niedrige Fördersätze erreichen, indem der Zubau zum Wettbewerb ausgeschrieben wird. Direktvermarktung und Ausschreibungen stehen in der Kritik, weil die hohen Investitionsrisiken großen Akteure am Markt entgegen kommen. Kleinere Investoren würden dagegen abgeschreckt, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Gabriels EEG-Gesetz gefährdet den dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Bürger vor Ort.“ Der BUND hat gerade eine Studie zu den Risiken beider Verfahren für Bürgerenergie-Projekte veröffentlicht.

Industrie-Rabatte fehlen im Text

Auf Kritik stößt auch, dass Unternehmen und Verbraucher, die ihren Strom mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage erzeugen, künftig bis zu 50 Prozent der regulären EEG-Umlage zahlen sollen. Bei Mehrfamilienhäusern wird sogar die volle Umlage fällig. „So zerstört man innovative Modelle zur Nahstromversorgung“, sagte Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie.

Einen weiteren heiß diskutierten Punkt sucht man im Gesetzesentwurf vergeblich: Kurzfristig hat sich die Bundesregierung mit der Europäischen Kommission darauf geeignet, die Unternehmensrabatte von der EEG-Umlage neu zu regeln. Den Text dazu soll nun der Bundestag nachlegen. Dort liegt jetzt auch der Reformentwurf: Beschließen müssen das Gesetz letztlich die Volksvertreter.

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